Dies ist ein Artikel aus der
Praxis Ergotherapie 5 / 99.
ACHTUNG! Inhalt ist
historisch, alle Angaben entsprechen dem Stand von 1999!
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Geht die Ergotherapie online?
Was ist das Internet?
Internet, Cyberspace, Surfen - alle reden darüber, viele
sind drin, viele sind aber auch noch draußen. Computer und die Benutzung der
Technik sind zu einer neuen Kulturtechnik geworden. Immer mehr Berufe verlangen
die Auseinandersetzung damit und es scheint so, als ob es bald keinen Beruf
mehr gibt, der nicht in irgendeiner Form mit Computern in Berührung kommt. In
den Medien werden täglich die Chancen, aber auch die Gefahren dargestellt, Berichte
über aufregende weltumspannende Neuheiten wechseln sich mit Artikeln über
eklige Unmenschlichkeiten ab. Doch nicht darüber möchte ich schreiben, sondern
die Frage stellen: Was bedeutet dieses neue Medium für uns Ergotherapeuten?
Doch zuerst zu den Anfängen: Eine militärische
Einsatzzentrale, die aus vielen kleinen Leitstellen besteht, über Telefon
verbunden ist und bei einem Bombentreffer immer noch über die anderen
Leitstellen funktioniert — so sah die Idee für das Internet im Kalten Krieg der
fünfziger und sechziger Jahre aus. Dann kamen Universitäten mit ihren
wissenschaftlichen Vorhaben dazu, die eine enorme Rechenleistung brauchen.
Deren Programme hätten für die Berechnung von Statistiken auf einem einzelnen
Rechner Monate benötigt und konnten über das Netz verteilt auf vielen Rechnern
in wenigen Tagen ablaufen. Aus heutiger Sicht erscheint es völlig primitiv, mit
welchen Mitteln die erste Mondlandung berechnet wurde und wieviel Zeit dafür
benötigt wurde.
Einige Firmen erkannten dann den wirtschaftlichen Nutzen des
bisher rein militärisch oder wissenschaftlich genutzten Netzes und öffneten es
gegen Gebühr erst für Großrechner von anderen Firmen, dann auch für die
Allgemeinheit. Inzwischen ist durch die hohe Verbreitung von Computern eine so
hohe Zuwachsrate an Nutzern erreicht wie bei keinem anderen Medium, dass
Bilder, Töne oder Texte austauscht. Über 100 Millionen Menschen sind weltweit
über das Internet erreichbar und nutzen es aus den unterschiedlichsten Gründen,
am häufigsten allerdings den elektronischen Briefverkehr.
Da das Internet nicht besser, moralischer, sauberer oder
sonstwie anders als unsere wirkliche Welt ist, gibt es unter den Angeboten
massenhaft Müll. Man ist als Nutzer (“User”) also selber gefragt, zwischen
unwichtigen und wichtigen Inhalten zu unterscheiden und das vielleicht auch für
die eigenen Kinder zu übernehmen. Wenn man sich aber an die Umgangsformen im
Internet gewöhnt hat, fällt die Nutzung sehr leicht und es eröffnet sich eine
neue, virtuelle Welt mit riesigem Inhalt und viel Spaß. Vor allem lernt man
Menschen aus der ganzen Welt kennen, freundliche, interessante Menschen, die
vielleicht gerade nach dem suchen, was ich weiß oder kann. Oder Menschen, die
mir weiterhelfen können und etwas haben, was ich schon lange suche und in
meiner wirklichen und räumlich doch beschränkten Umgebung nicht finden kann.
Wie komme ich in das Internet?
Natürlich beginnt dies alles mit einem Computer, der bei mir
zuhause auf dem Schreibtisch steht. Dieser PC sollte einen Pentium-Prozessor
oder ein gleichwertiges Konkurrenzmodell haben, es muß aber nicht immer gleich
das neueste Modell sein. Der PC wird mit den Internet-Computern über ein Modem
verbunden, eine kleine Schaltbox, die zwischen PC und Telefonleitung gesetzt
wird. Es gibt solche Modems auch zum Einbauen, etwa als ISDN-Karte oder als
kleine Scheckkarte für ein Notebook. Die Übertragungsgeschwindigkeit sollte
mindestens bei 56 Kb pro Sekunde liegen.
Zum Steuern des Modems und damit dem Telefonieren im
Hintergrund werden Programme benutzt, die entweder im Betriebssystem des
Rechners, etwa Windows ´98, enthalten sind, oder die von der Firma geliefert
werden, die für mich den Internet-Zugang zur Verfügung stellt (Provider). Damit
wählt sich mein Computer unter meinem Paßwort bei dem Großrechner dieser Firma
ein und hat damit eine Verbindung zum Internet, ist selber ein Teil des Netzes
und damit “online”. Der Großrechner ist dagegen rund um die Uhr am Netz, hier
wartet auch meine Post auf mich, bis ich wieder angeschlossen bin und sie
abhole. Die Eigendarstellung im Internet mit meiner Visitenkarte und allem, was
ich anderen mitteilen möchte, nennt man Webseite oder Homepage. Wenn ich eine
eigene Homepage erstellt habe, ist sie auf dem Großrechner (Server)
abgespeichert, damit sie ständig für andere Nutzer abrufbar ist und nicht nur
während meiner Online-Zeit.
Die Provider bieten verschiedene Konditionen an, die man auf
jeden Fall vergleichen sollte. Die großen Online-Dienste wie T-Online, AOL oder
CompuServe bieten viele spezielle Inhalte nur für ihre eigenen Kunden an.
Möchte ich aber vielleicht auch im Ausland meine Post erhalten? Dann brauche
ich einen internationalen Anbieter. Möchte ich umfangreiche Arbeiten mit
Bildern auf meiner Homepage veröffentlichen? Dann muß ich auf den Platz achten,
der im Preis enthalten ist, etwa 2 bis 10 MB Speicherplatz unter meiner
Adresse. Man sollte aber immer die späteren Kosten pro Stunde vergleichen, bei
manchen Sonderangeboten sind 50 Gratisstunden enthalten, danach wird es aber
teuer! Bei den Gratisangeboten muß man immer mit viel Reklame leben, was auf
Dauer sehr stört, aber zum Ausprobieren gut geeignet ist. Mehr als DM 4,-
sollte die Internet-Verbindung pro Stunde inklusive der Ortsgebühr für die
Telefonverbindung zum Provider nicht kosten. Viele regionale Anbieter sind
interessant und nicht direkt vergleichbar, da sie nur in ihrem Bundesland
erreichbar sind, manche werden von Zeitungsverlagen als Werbung unterhalten und
bieten sehr gute regionale Informationen. Inzwischen bieten auch Telefonfirmen
selbst einen direkten Internetzugang an, bei dem die zusätzlichen
Telefongebühren wegfallen. Der Markt ist kräftig in Bewegung, es ist schwer,
hier längerfristige Aussagen zu treffen, hier sei auf die Vergleichstests in
Zeitschriften verwiesen. Aber man kann ja jederzeit wieder kündigen und zu
einem billigeren Anbieter gehen.
Jetzt kann ich mit einem Spezialprogramm, einem Browser
(“Durchblätter”-Programm), das Internet durchsuchen. Es gibt verschiedene
Browser, z.B. MS Internet Explorer oder Netscape Communicator, oft werden sie
kostenlos mitgeliefert. Der Browser übersetzt meine Wünsche nach Informationen
in die Computersprache des Internets. Jede Homepage und jeder Rechner hat eine
Nummer, die sich aber kein Mensch alle merken kann. Wenn ich nun die Homepage
des Verlag Modernes Lernen aufrufe, sucht der Browser im Internet-Telefonbuch
nach der Nummer und erledigt alle technischen Notwendigkeiten, damit ich
möglichst schnell die Seite auf meinem Bildschirm sehe.
Ich brauche mich also nicht um irgendwelche technischen
Zusammenhänge zu kümmern, ich klicke einfach nur mit der Maus auf Symbole, was
sicher ein wichtiges Element des Erfolges vom Internet ist. Auch auf den
Internetseiten selbst wird dieses einfache Klicken zur Navigation fortgesetzt. Ich
sehe auf einer Homepage in England eine Überschrift, die mich interessiert,
kann sie anklicken und der PC wird im Hintergrund automatisch mit einer neuen
Seite in Kanada verbunden, ohne daß ich selber etwas technisch verändert habe.
Wenn ich die Seite gelesen habe, klicke ich auf “zurück” und bin wieder in
England. Diese Überschriften mit eingebauten Querverweisen werden Links
genannt, meist sind sie unterstrichen, damit man sie sofort erkennt. Wichtig
ist einfach nur, daß ich nichts über die Technik wissen muß, ich “surfe”
einfach so rund um die Welt!
Welche Inhalte gibt es für Ergotherapeuten im Internet?
Hier sind ein paar exemplarische Anwendungsmöglichkeiten:
à Die
eigene Homepage
Werbung für
die eigene Praxis, Ideen, Produkte, Hilfsmittel
à Eine
E-Mail Adresse
schneller
Briefverkehr, einfaches Schreiben
à Stellensuche
oder Stellenangebote
kostenlose
Anzeigen, die sofort erscheinen
à Newsgroups,
Foren
Live-Diskussionsrunden
mit anderen Fachleuten über ein Thema, Hilfe bei Problemen, z.B. mit
Testverfahren
à Mailinglisten
Einfachere
Diskussionsrunde, bei der alle Wortmeldungen an alle Teilnehmer verschickt werden
à Online-Bibliotheken
Lexika,
Datenbanken, Archive von Therapiezeitschriften
à Firmenseiten
Hilfsmittelfirmen,
Praxisbedarf, Therapiehilfen, Software für die Therapie
à Fortbildung
Fernkurse,
Suche nach Anbietern von beruflichen Fortbildungen
à Software
zum “Download”
Testversionen
von Hirnleistungsprogrammen, Aktualisierungen
à Treiber
aktuelle
Software für den Drucker usw.
à Bücher
kostenlose
und schnelle Lieferung, Suche nach Stichworten, Unabhängigkeit von Öffnungszeiten
und Personal in der Buchhandlung
à Angebote
für Patienten
Selbsthilfegruppen
und Informationen über Behinderungen/Erkrankungen, z.B. www.kindernetzwerk.de
à Arbeitstraining
Berufsvorbereitung
durch vorgegebene Aufgaben
Welche Inhalte gibt es speziell für mich?
Für den Leser stellt sich nun die Frage: Was bietet mir ganz
persönlich das Internet über die bisher genannten Elemente hinaus? Diese Frage
kann ich hier natürlich nicht allgemeingültig beantworten, da ich nicht weiß,
was für Interessen oder Fragen die Leser im Einzelnen haben. Ich kann aber
zeigen, wie Sie vorgehen können, um genau das Gesuchte zu finden. Um die
zunehmende Informationsfülle des Internet auch nur annähernd überblicken zu
können, braucht man eine Suchmaschine. Kein Mensch wäre in der Lage, alle
Seiten zu lesen und auf Anfrage die gewünschten Adressen auszuspucken. Diese
Suchmaschinen sind Großrechner, die ständig das Internet durchforschen und sich
alle wichtigen Stichworte eines Angebotes merken können. Wenn ich eine
Suchanfrage stelle, werden alle Seiten mit dem Stichwort aufgelistet, nach
Trefferhäufigkeit sortiert.
Solche Suchdienste sind z.B. Fireball, Lycos, oder Yahoo,
deren kostenloser Service über die Werbeflächen finanziert wird. Die meisten
Suchmaschinen arbeiten automatisch und merken sich zusätzlich die ersten Sätze
der Seite, damit man beim Suchergebnis erkennen kann, ob es sich um einen
sinnvollen Zusammenhang handelt. Möglich ist das Suchen nach verbundenen oder
alternativen Wörtern, die Suche in verschiedenen Sprachen oder nur in
bestimmten Ländern. Da die Bedienung der Suchmaschinen unterschiedlich
funktioniert, ist bei solch einer speziellen Suche doch das Lesen der Suchtips
sinnvoll, um die jeweiligen Befehle zu kennen. Eine Suche nach Oberbegriffen
sollte möglichst detailliert sein. Man kann auch einfach nach einem Hauptwort
suchen, wird dann aber schnell mehrere tausend Ergebnisse erhalten, die man
unmöglich alle lesen kann. Außerdem tauchen Wörter auch in anderen
Zusammenhängen mit anderer Bedeutung auf, etwa “Behinderung” aufgrund eines
Handicaps oder “Behinderung” im Straßenverkehr. Der folgende Vergleich zeigt
exemplarisch den Unterschied:
Suche
nach “Erkrankung” 19504
Ergebnisse
Suche
nach “Behinderung” 19986
Ergebnisse
Suche
nach “Muskelerkrankung” 86
Ergebnisse
Suche
nach “Muskeldystrophie” 613
Ergebnisse
Suche
nach “Duchenne” 426
Ergebnisse
Suche
nach “Muskeldystrophie” und “Duchenne” 154
Ergebnisse
Suche
nach “Muskeldystrophie” und “Ergotherapie” 9
Ergebnisse
Hier noch einige Beispiele für interessante Adressen mit
weiteren Hinweisen und aktuellen Tips, die man dann nur anklickt und nicht
abschreiben muß:
Suchmaschine: www.fireball.de
Lese-Rechtschreibprobleme: www.Leseklinik.de
Linkshänder: www.wolnet.de/linkshaender/index.html
Verlag: www.schulz-kirchner.de
Verlag: www.verlag-modernes-lernen.de
Fortbildungen: http://members.aol.com/aha1997
DVE: www.ergotherapie-dve.de/home.htm
Fachkreis Computer im DVE: http://home.t-online.de/home/a-pfeiffer/fkcomp.htm
Ergo-Mailingliste: http://members.aol.com/aha1997/ergo-l.htm
ErgoXchange: www.ergotherapie.de
Eric Stupka: www.ergo-net.de
Andreas Pfeiffer: http://home.t-online.de/home/a-pfeiffer
Arvid Spiekermann: www.Spiekermann.Onlinehome.de
Abschließend kann ich feststellen, daß das Internet ein
enormes Potential darstellt, über das Menschen zusammenarbeiten und gemeinsam
Probleme lösen können. Dabei spielen Alter, Aussehen, finanzielle Situation,
berufliche Stellung, räumliche Entfernung und insbesondere eine
Körperbehinderung überhaupt keine Rolle. Die Technologie darf nicht - wie man
beim Besuch der “Leistungsschau der deutschen Industrie”, der CeBit vielleicht
falsch verstehen könnte - im Mittelpunkt stehen, sie soll einfach nur
funktionieren. Natürlich wird es keine Online-Ergotherapie geben, bei der per
Ferndiagnose am PC etwa Hirnleistungstraining durchgeführt oder eine
Peddigrohr-Werkgruppe per E-Mail angeleitet wird. Es besteht auch keine Gefahr,
daß wir uns einer künstlichen Intelligenz ausliefern, die irgendwann schlauer
ist als wir und selber anfängt zu denken. Solche Geschichten gehören in
Science-Fiction- Filme.
Wichtig sind für mich die vielen Menschen, die den
eigentlichen Wert des Internets ausmachen. Auch für die weitere Entwicklung der
Ergotherapie ist das Internet eine Hilfe auf dem Wege zur weiteren
Professionalisierung, bei der wissenschaftlichen Forschung, beim systematischem
Arbeiten oder einfach nur bei der Beantwortung einer kleinen Frage, die ich als
einzelne Ergo in einer Einrichtung nicht lösen kann. Ich wünsche Ihnen viel
Erfolg und viel Spaß beim Entdecken des Internets!
Arvid R. Spiekermann
Oldenburger Str. 19
24143 Kiel